„Ist der Yoga Zug nicht längst abgefahren?“, wurde ich letztens beiläufig von einem Kellner beim Heurigen zum Yoga Trend befragt. Okay, wortwörtlich meinte er auf österreichisch: „Yoga, mocht des überhaupt nu wer?“ In meinen bunten Leggings fühlte ich mich ertappt und musste lachen. Ich immerhin schon nickte ich ihm belustigt zu. Zwei Wochen später zeigte sich eine alte Bekannte beim Bäcker überrascht, dass ich noch immer „dieses Yoga Ding“ anbiete. 

 

Wie lange wird der Yoga Trend anhalten?

 

Die Frage scheint seit Jahren im Raum zu stehen. Und sie ist nicht unberechtigt. Bei Trends handelt es sich per Definition um zeitlich begrenzte Entwicklungen. Es muss daher irgendwann zu einem Höhepunkt kommen, natürlich gefolgt von eine Rezession. 

 

Jeder neue Trend entspringt dem fruchtbaren Boden vorangegangener Ideen.

 

Jede große Modewelle löst mehrere neue Bewegungen aus. Denn diese hat die Erfahrungen und Einstellung größerer Menschengruppen bereits revolutioniert und damit Einfluss auf sämtliche kommende Entwicklungen genommen. Das stimmt für Yoga und für alle anderen großen Ideen und Trends. So wie das Rollschuhfahren… 

 

Ein kleiner Exkurs zum Rollschuh Trend

 

1980 entwickelte der Eishockey Spieler Scott Olsen den ersten Sommer Schlittschuh: Um auch in der heißen Jahreszeit trainieren zu können, tüftelte er mit seinem Bruder an einem Rollschuh, der die Kufe und damit die Eislaufbewegung mimen sollte. Sie entwickelten dafür die 1760 erfundenen Rollschuhe weiter: Die Reifen sind hintereinander gereiht anstatt in Zweierreihe. Mit der Firma Rollerblade feierten sie bald weltweit Erfolg.

Was als Trainingsschuh für Eishockeyspieler begann wurde zu einem weltweiten Fitnesstrend und einem gelenkschonenden Ausdauersport. Mitte der 1990er, rund um den Höhepunkt des Trends, wurden in Deutschland 3,5 Mio. Paar in einem Jahr verkauft. Das heißt statistisch gesehen hat sich alleine im Jahr 1995 jeder 23. Deutsche ein Paar angeschafft. Jeder sechste rollt nach Angaben des Deutschen Rollsport- und Inline-Verbandes immer noch.

 

Trends wie das Rollschuhfahren haben nicht das eine Hoch: Sie kommen und gehen, und entwickeln sich dabei stetig weiter.

 

Der erste Rollschuhboom brachte Europa aber bereits 1910 in Bewegung und ließ zu den Roller Disco Zeiten um 1980 so manche Herzen höher schlagen. Und von anderen Entwicklungen wie dem Fersenroller (eine Rolle an der Ferse des Schuhs) hat niemand je etwas gehört. 

 

Die Bedeutung von Trends für die Evolution

 

Die Welt entwickelt sich ständig weiter und im besten Fall lernen wir in diesem Prozess dazu. Wenn Yogis heute von der einzig wahren Praxis sprechen, kann ich daher nur schmunzeln. Es lässt die Prädisposition und die einzigartigen Bedürfnisse des Individuums komplett außer acht, geschweige denn von dem Erfahrungsstand. Der Rollschuh hat ebenso viel Berechtigung wie die Inline Skates. Inside Yoga ebenso wie Anusara Yoga, Yin Yoga oder Jivamukti Yoga.

 

Die Frage ist nicht, welcher Schuh ist besser, sondern wo steht der Fahrer, wie möchte er vorankommen und wo will er hin!

 

Mahatma Gandhi soll einmal erklärt haben, dass jeder den seiner eigenen Kultur entsprechenden Pfad wählen soll. Das ist absolut richtig. Deine Kultur ist die Sprache, in der du aufgewachsen bist und wie du die Welt verstehst. Ich würde hier vielleicht noch ergänzen, dass die eigene Kultur das ist, wo man sich zu Hause fühlt. Für mich ist das heute die Yoga Philosophie mehr noch als das Christentum, in dem ich erzogen bin. Denn in der Sprache des Yoga verstehe ich erst die Quintessenz so mancher Verse aus der Bibel. 

 

Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung. Die Welt entwickelt sich ständig weiter und im besten Fall lernen wir in diesem Prozess dazu.

 

Das heißt aber mitnichten, dass jede neue Entwicklung – im Yoga und in jedem anderen Lebensbereich – sonderlich clever ist. Die Fersenroller haben sich auch nicht weitläufig durchgesetzt. Auch rund um Yoga ranken sich Nebentrends, die nicht unbedingt in die Ära der Geschichte eingehen müssen. Allen voran Bier Yoga.

Diese Veränderung ist die einzige Konstante. Trends unterstützen uns dabei, neue Sichtweisen zu gewinnen. Ob der Yoga Trend bereits ausläuft, wie der nette Kellner beim Heurigen gefragt hat? Die neuen, offenen Sichtweisen, die diese alte Tradition ermöglich, sind gefragter denn je.

3,4 Millionen Menschen praktizieren alleine in Deutschland Yoga, das sind 1,7 Prozent mehr als 2014. Der Trend steigt also nach wie vor an. 

 

Alles einsteigen bitte, der Yoga Zug ist noch lange nicht abgefahren. Und für mich wird die Verbindung wahrscheinlich ewig bestehen. 

 

Mit an Board sind bereits zahlreiche Menschen. Das Potential für Fehler und Meinungsverschiedenheiten ist damit groß, aber vor allem auch die Chance auf Entwicklung und Evolution. 

 

Warum selbst die größten Ausrutscher ihre Berechtigung haben erfährst du nächste Woche bei Yoga Myth Busters

 

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Dies war der erste Bericht der dreiteiligen Myth Busters Serie zum Yoga Trend. Teil 1 handelt vom Yoga Boom und beantwortet die Frage, in welche Richtung der Trend geht. Teil 2 handelt von schrägen Yoga Trends und beantwortet die Frage, ob selbst Bier Yoga seine Berechtigung hat. Teil 3 spricht über die Yoga Revolution und geht tiefer auf die Frage ein, ob und wie Trends die Evoltution begünstigen könnten. 

Bier Yoga und andere schräge Yoga Trends

Trends, die ihr Fett wegbekommen haben und andere Stolperstufen am Weg der Yoga Revolution